Das «interkulturelle Buffet» ist ein beliebter Anlass, der Menschen zusammenbringt. Anhand des «Apfelbuffets» zeigen wir auf, wie Schulen Buffets gestalten können, an welchen sich alle zugehörig fühlen können.
Text:Milena Bieri
Empfohlen für Zyklus 1 und 2
Der Duft von Äpfeln und Gebäck schwebt in der Schulhausluft. Die Kinder und Eltern der Klasse 2a stehen mit vielen Apfelleckereien vor der Schulzimmertür. Den Vormittag haben die Kinder, aufgeteilt in kleinere Gruppen, zuhause bei verschiedenen Eltern verbracht und dort gemeinsam Spezialitäten für das grosse Apfelbuffet zubereitet. Stolz über die vielen selbst zubereiteten Apfelspeisen richten die Kinder gemeinsam mit den Lehrpersonen und den Eltern das Buffet im Schulzimmer ein. Die Kinder und Lehrpersonen stellen die in der Schule vorbereiteten Kärtchen mit den Beschriftungen jeweils vor die Apfelleckereien.
Von süssen Apfelkuchen bis zu süss-salzigen Apfel-Käsetaschen oder Apfel-Chutney in verschiedenen Variationen sind ganz unterschiedliche Apfelspeisen zusammengekommen. Vor der gemeinsamen Eröffnung des Buffets mit den Kindern und den anwesenden Eltern werden die mitgebrachten Gerichte gewürdigt und verdankt. Kinder, Lehrpersonen und Eltern kommen beim gemeinsamen Verspeisen der mitgebrachten Köstlichkeiten ins Gespräch und tauschen verschiedene Rezeptideen aus. Einige Eltern haben die Zubereitung der Speisen zuhause mit Fotos oder Videos dokumentiert und zeigen nun über den Beamer einige Eindrücke der Koch- und Backkünste aus den verschiedenen Kleingruppen. Anschliessend hören alle mit vollem Magen der Geschichte «Das Riesenfest» zu, welche die Klassenlehrerin erzählt. (1) In der Geschichte wird beim Fest derjenige Riese zum König erklärt, der beim Essen den grössten Teil verschlingen kann. Die Grossen trumpfen auf, der kleine Riese aber sagt, er esse einen ganzen Apfelbaum. Der kleine Riese verschluckt dazu einen kleinen Apfelkern und einen zweiten Kern steckt er in die Erde, der nach einem Jahr zu einem Apfelbaum heranwächst. Tief beeindruckt wählen die grossen Riesen den kleinen Riesen für ein ganzes Jahr zum König. Nach der Geschichte räumen alle gemeinsam das Buffet auf. Einige Leckereien bleiben für ein Znüni am folgenden Tag in der Schule und die restlichen Gerichte teilen die Eltern untereinander auf. Die Eltern werden verabschiedet und nach einer Spielzeit beginnt in der Schule der Nachmittagsunterricht.
Die Lehrpersonen haben das Apfelbuffet zum Abschluss des Themas «der Apfel» durchgeführt. Gleichzeitig soll es ein geselliger und informeller Anlass sein, an dem Kinder, Eltern und Lehrpersonen in den Austausch kommen und Kontakte knüpfen. Das Thema «Apfel» für das Buffet lässt sich durch viele weitere Möglichkeiten ersetzen. So wären ähnliche Anlässe zu den Themen wie «Kürbis», «Gemüse aus dem Schulgarten», «Schokolade» usw. möglich.
Im Schulalltag ist das sogenannte «interkulturelle Buffet» ein beliebter Anlass, der Menschen zusammenbringt und das Gemeinschaftsgefühl fördern möchte. Aufforderungen wie: „Bringen Sie doch etwas aus Ihrem Herkunftsland mit“ sind zwar gut gemeint, können für Eltern und Kinder mit Migrationserfahrung jedoch unangenehm und verletzend sein. „Die Einengung auf das Herkunftsland impliziert eine bestimmte nationale Zugehörigkeit und eine Aufforderung, kulinarische Klischees zu bedienen.“ (2) Möchte die Schule die Konstruktion von «kulturellen Gruppen» und Othering-Prozesse vermeiden und stattdessen Vielfalt als Normalität leben, stellt ein Apfelbuffet eine Alternative dar, um einen Anlass zu gestalten, an welchem sich alle zugehörig und sich als Individuum angesprochen fühlen. So wird es beim vorgestellten Apfelbuffet freigestellt, ob landestypische Spezialitäten oder einfach Lieblings-Apfelgerichte mitgebracht werden.
«Ich finde es wichtig, dass es den Eltern ganz offengelassen wird, was sie mitbringen. Das bedeutet aber auch, dass wir als Lehrpersonen offen sind für ganz verschiedene Beiträge und uns auch überraschen lassen.»
Patrizia Carletti, Klassenlehrperson, Primarschule Feusisberg-Schindellegi
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Lehrpersonen Rezepte zur Verfügung stellen. So haben die Eltern die Möglichkeit, etwas nach eigenem Rezept herzustellen oder auf andere Ideen zurückzugreifen.
Es hat sich bewährt, das Projekt den Eltern mittels eines Flyers vorzustellen und einen Anmeldetalon beizulegen. Für viele Kinder ist es möglicherweise eine neue Erfahrung bei einer anderen Familie zuhause etwas zu kochen oder zu backen. Deswegen ist auch ein Vorgespräch über die Organisation des Events mit den Kindern in der Klasse wichtig, damit sie wissen, was auf sie zukommt. In der Regel sind viele Eltern dazu bereit, eine Kleingruppe von Kindern zu Hause zu betreuen und gemeinsam etwas für das Apfelbuffet in der Schule vorzubereiten. Im Anmeldetalon für den Anlass können die Eltern jeweils notieren, was sie mit der Kindergruppe für den Anlass zubereiten möchten. Dadurch erhalten die Lehrpersonen einen Überblick über die verschiedenen Gerichte. Bei zu vielen ähnlichen Gerichten kann so bei den Eltern direkt nachgefragt werden, ob auch die Zubereitung eines anderen Gerichts möglich wäre.
Kinder der Gastfamilien, welche eine Gruppe zum Kochen und Backen zu sich einladen, begleiten ihre Gruppe um 9.30 Uhr zu sich nach Hause. Falls einzelne Gruppen früher mit der Zubereitung des Beitrags fertig werden, können sie die verbleibende Zeit bei den Gasteltern dazu nutzen, um noch etwas zu spielen oder eine Dekoration für das Buffet zu gestalten. Um 11.45 Uhr begleiten die Eltern die Kindergruppe mit dem Beitrag für das Buffet zur Schule.
Es lohnt sich, die Gruppeneinteilung im Vornherein gut zu organisieren. Beispielsweise können Kinder zusammen in eine Gruppe eingeteilt werden, welche im Klassenverband noch nicht viel Kontakt hatten. So erhalten die Kinder die Möglichkeit, sich ausserhalb der Schule kennenzulernen und zu erfahren, wo diese Kinder im Quartier wohnen. Gruppengrössen von maximal drei bis vier Kindern haben sich bewährt. Melden sich mehr Eltern, können die Gruppen noch verkleinert werden.
Für eine möglichst hohe Beteiligung von Eltern am Anlass ist es hilfreich, die Art des Beitrags und die Umsetzung zuhause möglichst offen zu halten. Wie stark die Eltern die Kinder in den verschiedenen Schritten der Zubereitung einbinden und ob und wie sie die Zeit nach der Zubereitung mit den Kindern zuhause gestalten, lassen die Lehrpersonen den Eltern frei. Das kommunizieren sie den Eltern auch so.
Für erwerbstätige Eltern kann es schwierig sein, an Schulanlässen während regulären Arbeitszeiten teilzunehmen. Alternativ könnte das Projekt auch auf einen Samstag gelegt werden oder an einem Wochentag auf den Nachmittag verschoben werden.
Der Anlass bietet eine gute Gelegenheit, sich mit Eltern und Kindern in einem informellen Rahmen auszutauschen. Auch die Eltern untereinander kommen an diesem Anlass ins Gespräch und knüpfen Kontakte. Die Eltern und Kinder sind meist mit viel Engagement dabei und freuen sich über ihre mitgebrachten Köstlichkeiten. Viele Rezepte werden unter den Eltern und Lehrpersonen ausgetauscht, was die Wertschätzung gegenüber den verschiedenen Beiträgen sichtbar macht. Eine Möglichkeit die Wertschätzung sichtbar zu machen, ist die Gestaltung eines Rezeptbuches. Lehrpersonen und Kinder gestalten gemeinsam ein Rezeptbuch, in welchem die Apfelspeisen gesammelt werden. Aufgaben, wie ein Rezept aufzuschreiben oder die Gestaltung des Covers, können in verschiedenen Schulfächern wie Deutsch oder Bildnerisches Gestalten umgesetzt werden. Kinder lernen durch den Anlass das Zuhause von Mitschülerinnen und Mitschülern kennen, was die Möglichkeit erhöht, dass sie sich künftig auch gegenseitig besuchen können.
«Für die Kinder war es sehr spannend, da sie teilweise auch bei Mitschülerinnen und Mitschülern zuhause waren, mit denen sie bis anhin noch nicht so viel Kontakt hatten. Durch den Anlass sind auch neue Freundschaften entstanden. Die Kinder konnten sehen, wo ihre Mitschülerinnen und Mitschüler wohnen und durften einmal bei ihnen Zeit verbringen und etwas spielen. Dann haben sie gemeinsam gekocht, das hat schon zusammengeschweisst.»
Patrizia Carletti, Klassenlehrperson, Primarschule Feusisberg-Schindellegi
Der Einbezug der Eltern und das gemeinsame Gestalten eines Schulevents fördern die Zusammenarbeit und die Kommunikation von Lehrpersonen und Eltern. In diesem Rahmen ist es auch möglich, mehr über die Familien zu erfahren, indem auch Themen angesprochen werden, die man in einem Fördergespräch beispielsweise nicht erwähnt, so Patrizia Carletti.
Eine Möglichkeit, die Zutaten für das Apfelbuffet zu finanzieren, ist das Klassenbudget.
(1) Bolliger, M., 2015.
(2) Mantel, C. et al., 2019, S. 85.
Bolliger, M. (2015). Das Riesenfest. Zürich: Atlantis Verlag.
Mantel, C., Aepli, M., Büzberger, M., Dober, H., Hubli, J., Krummenacher, J., Müller, A. & Puškaric, J. (2019). Auf den zweiten Blick: eine Sammlung von Fällen aus dem Schulalltag zum Umgang mit migrationsbezogener Vielfalt: ein Handbuch für Lehrpersonen im 1. und 2. Zyklus. 1. Auflage. Bern: hep, der Bildungsverlag. Print.
Patrizia Carletti
Klassenlehrperson, Primarschule Feusisberg-Schindellegi
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Milena Bieri
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, IZB
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